Interview
Vergleich von Hochwasservorhersage- und Frühwarnsystemen in der Region Benelux+
Wir sprachen mit Tim Busker und Jeroen Aerts vom Institut für Umweltstudien (IVM) der VU Amsterdam über ihre bevorstehenden Forschungsarbeiten im Rahmen unseres Programms.
Jeroen Aerts

Prof. Dr. Jeroen Aerts
Jeroen Aerts ist Professor für Wasser- und Klimarisiken am Institut für Umweltstudien (IVM) an der Freien Universität Amsterdam. Er untersucht die Wechselwirkungen zwischen Wassersystemen und Hochwassermanagement im Rahmen der quantitativen Hochwasserrisikobewertung, wobei er sich insbesondere für die Auswirkungen des Klimawandels auf die Hochwasserereignisse interessiert. Seine Forschung hat unser Verständnis von hydrologischen Prozessen und extremen Überschwemmungen verbessert, aber sie hat auch gezeigt, welche sozioökonomischen Faktoren das Hochwasserrisiko beeinflussen.
So können beispielsweise das Bevölkerungswachstum und die Urbanisierung in tiefliegenden Gebieten die Schäden erhöhen, selbst wenn das Klima unverändert bleibt. In jüngster Zeit wurden Hochwasserrisikomodelle erweitert, um komplexe Verhaltenseffekte zu berücksichtigen. So wurden die meisten umfangreichen Maßnahmen zum Hochwassermanagement nach großen Katastrophen umgesetzt, als die Risikowahrnehmung und die gesellschaftliche Unterstützung hoch waren. Die sozio-hydrologische Forschung untersucht diese Rückkopplungen und wie das Wassersystem und seine hydrologischen Prozesse mit gesellschaftlichen Strukturen verbunden sind. In JCAR wird die Gruppe von Jeroen die Verwendung von gekoppelten „hydrologischen und agentenbasierten Modellen“ (ABMs) demonstrieren, um diese Rückkopplungen unter Annahme von Klimawandel-Szenarien zu simulieren. In ABMs können Agenten lernen, sich bewegen und das Hochwasserrisiko, dem sie ausgesetzt sind, beeinflussen (und von diesem beeinflusst werden), was zur Umsetzung verschiedener Anpassungsmaßnahmen führt. ABMs können auch dazu verwendet werden, die Grenzen der zukünftigen Anpassung an Überschwemmungen zu erforschen.
Tim Busker
Tim Busker ist Postdoktorand in der Abteilung für Wasser- und Klimarisiken am Institut für Umweltstudien (IVM) der Vrije Universiteit Amsterdam. Tim hat einen Hintergrund im Hochwasser- und Dürrerisikomanagement und ist auf Vorhersagen, Fernerkundung und Risikoanalyse spezialisiert. Während seiner Doktorarbeit spezialisierte sich Tim weiter auf Frühwarnsysteme und vorausschauende Maßnahmen bei Hochwasser und Dürren in verschiedenen Teilen der Welt.
Im Rahmen des JCAR-ATRACE-Projekts arbeitet Tim an einer Vergleichsstudie über die Hochwasser-Frühwarnsysteme der Niederlande und ihrer Nachbarländer. Er leitet auch zwei Sitzungen auf der EGU25-Konferenz. Darüber hinaus arbeitet Tim als Teil eines großen Teams innerhalb der Abteilung an der Hochwassermodellierung und betreut mehrere MSc- und PhD-Studenten.
Hallo Tim und Jeroen, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mit uns zu sprechen. Könnten Sie den Lesern etwas über Ihre Arbeit und die Rolle Ihres Instituts erzählen?
Tim
Natürlich. Ich bin als Postdoc tätig und konzentriere mich auf Frühwarnsysteme und vorausschauende Maßnahmen bei Überschwemmungen und Dürren. Im Rahmen des JCAR-ATRACE-Programms leite ich die Vergleichsstudie zu Hochwasservorhersage- und Frühwarnsystemen (FFEWS) in der Region Benelux+.
Tim
Am Institut für Umweltstudien (IVM) modellieren wir Überschwemmungen und die Auswirkungen von Anpassungsoptionen, wie z. B. naturbasierte Lösungen wie Rückhaltebecken und Wiederaufforstung sowie prognosebasierte Maßnahmen wie das Aufstellen von Hochwasserschutzbarrieren. Meine Arbeit umfasst die Vorhersage von Überschwemmungen und die Simulation von Prozessen mithilfe von Computermodellen, wodurch wir unsere Fähigkeit verbessern, rechtzeitig Warnungen auszugeben und Reaktionsstrategien zu optimieren.
Tim
Das IVM ist ein interdisziplinäres Institut, das Erkenntnisse aus den Bereichen Klima, Hydrologie, individuelles Verhalten und Politik zusammenführt. Unser Ziel ist es, die Kluft zwischen natürlichen Prozessen und gesellschaftlichen Auswirkungen zu überbrücken und letztlich eine bessere Vorsorge und Intervention gegen Überschwemmungen und Dürren zu fördern.


Jeroen
Ich bin Professor und auf Wasser- und Klimarisiken spezialisiert. Mein Schwerpunkt liegt insbesondere auf extremen Wetterereignissen wie Überschwemmungen. Meine Forschung umfasst nicht nur die Quantifizierung der mit Überschwemmungen verbundenen Risiken, sondern auch die Erforschung wirksamer Strategien zur Minderung dieser Risiken. Ein entscheidender Aspekt des Hochwasserrisikomanagements ist die Einführung von Frühwarnsystemen. Hier in den Niederlanden verfügen wir beispielsweise über Infrastrukturen wie Dämme und Pumpstationen, aber es gibt zahlreiche zusätzliche Maßnahmen, die ergriffen werden können, um die Widerstandsfähigkeit gegen Überschwemmungen zu erhöhen. Die Frühwarnung ist ein wesentlicher Bestandteil dieser Strategie.
Lassen Sie uns über Ihr Manuskript sprechen. Könnten Sie es uns in ein paar Sätzen zusammenfassen?
Tim
Wir haben eine vergleichende Studie über Frühwarnsysteme für Überschwemmungen in den Benelux-Ländern und den deutschen Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz durchgeführt. Während sich viele bestehende Forschungsarbeiten auf die Vorhersage konzentrieren, verfolgt unsere Studie einen innovativen Ansatz, indem sie die gesamte Warn- und Reaktionskette untersucht. Wir wollen verstehen, wie Frühwarnungen in wirksame Maßnahmen umgesetzt werden, und die Lücken in diesem Prozess identifizieren. Um mehr darüber zu erfahren, haben wir Interviews mit Meteorologen und Einsatzkräften geführt, um die Wirksamkeit dieser Systeme in den verschiedenen Ländern zu bewerten.


Jeroen
Eine Empfehlung, die sich daraus ergab, ist, dass Warnungen über die bloße Angabe von Niederschlags- oder Wasserständen hinausgehen müssen. ExpertInnen schlagen vor, Informationen über potenzielle Schäden und erwartete Auswirkungen von vorhergesagten Überschwemmungen einzubeziehen. So vermittelt beispielsweise die Vorhersage eines Wasserstands von drei Metern möglicherweise nicht genügend Kontext. Sind drei Meter bedenklich? Sind vier Meter erheblich schlimmer?
Tim
Genau. Krisenhelfer benötigen spezifische Informationen, z. B. ob ihre Feuerwache betroffen sein wird und ob sie in Notfällen noch Zugang zu bestimmten Gebieten haben. Ein Wasserstand von zwei Metern birgt andere Risiken als drei Meter; wenn Sandsäcke nur bis zu einer Höhe von zwei Metern aufgestellt werden, sind sie bei drei Metern nun mal nutzlos.
Tim
Außerdem möchten die Einsatzkräfte wissen, welche Krankenhäuser und Straßen wahrscheinlich überflutet werden. Informationen über die erwarteten Auswirkungen steigender Wasserstände sind für ihre Planung von entscheidender Bedeutung. Derzeit hat die Region Flandern Fortschritte bei der Vorhersage der Ausdehnung und Tiefe von Überschwemmungen erzielt, aber es fehlen noch klare Schwellenwerte für die Ausgabe von Warnungen. Insgesamt ist der Übergang zu wirkungsbasierten Vorhersagen entscheidend. Krisenmanager betonen, dass diese Art von Informationen für ihre Einsätze von großer Bedeutung ist. Prognosespezialisten weisen jedoch auf die Herausforderungen bei der Bereitstellung derart detaillierter Erkenntnisse hin.

Warum haben Sie mit dieser Forschung begonnen und was ist Ihre Hauptbotschaft?
Tim
Was uns wirklich dazu bewogen hat, diese Forschung zu betreiben, war zu testen, wie gut diese Einsatzsysteme in verschiedenen Ländern funktionieren und dementsprechend eine Reaktion auslösen. Hier in den Niederlanden sehen wir zum Beispiel, dass Hochwasserwarnungen nicht immer die Bevölkerung erreichen, was zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass es keine zentrale Organisation gibt, die die Informationen zu einer klaren Botschaft bündelt. Wir sehen eine Aufteilung der Informationsweitergabe: Es gibt das KNMI, das meteorologische Warnungen herausgibt, die Wasserbehörden, die Warnungen für kleine Flüsse herausgeben, und Rijkswaterstaat für die großen Flüsse. Hinzu kommt, dass die Menschen Warnungen in den Nachrichten erhalten und Informationen auf der Website der Wasserbehörde abrufen können. Dies führt dazu, dass die Gemeinden unterschiedliche Informationsquellen nutzen, was es schwierig machen kann, sich ein klares Bild zu verschaffen. Das Gleiche haben wir in den anderen Ländern und Regionen beobachtet, die in der Studie untersucht wurden. Es wäre interessant, diese Kommunikationslücken bei Hochwasserwarnungen weiter zu verfolgen, indem die verschiedenen Kommunikationsflüsse detaillierter erfasst werden.
Tim
Für mich ist die wichtigste Botschaft, dass wir als Nachbarländer viel voneinander lernen können, weil die Ansätze sehr unterschiedlich sind.


Jeroen
Meine Hauptbotschaft ist, dass JCAR ATRACE hier Abhilfe schaffen kann. Unsere Doktorandin Raffaella Gouveia Loureiro Oliveira arbeitet an der Erstellung eines Computermodells, das verschiedene Aspekte von Überschwemmungen berücksichtigt. Dieses Modell wird Prognosen auf der Grundlage historischer Daten und potenzieller Zukunftsszenarien simulieren und dabei die erwarteten Niederschlagsmengen, Hochwasserstände und die Auswirkungen auf die Infrastruktur wie Straßen, Krankenhäuser und Polizeistationen detailliert darstellen.
Jeroen
Durch die Weitergabe dieser Informationen an politische EntscheidungsträgerInnen hoffen wir, sie dabei zu unterstützen, effektiv zu reagieren und das Modell an ihre spezifischen Bedürfnisse anzupassen, z. B. bei der Schätzung von finanziellen Schäden. Während des gesamten Projekts hoffen wir, kontinuierlich Informationen auszutauschen, um den Vorhersageprozess zu optimieren.
Sie untersuchen die Unterschiede bei den operativen Hochwasservorhersage- und Frühwarnsystemen (FFEWS) zwischen Regionen und Ländern. Welche Unterschiede in den Praktiken haben Sie am meisten überrascht? Und welche Ähnlichkeiten haben Sie vielleicht nicht erwartet?

Jeroen
In Bezug auf die Unterschiede haben wir aus dieser Untersuchung zwei wesentliche Schlussfolgerungen gezogen. Erstens sind die Warnsysteme trotz gemeinsamer Flusssysteme nicht standardisiert, sondern es gelten unterschiedliche Kriterien für die Ausgabe von Warnungen. So hat Belgien beispielsweise einen anderen Schwellenwert als die Niederlande, was sich darauf auswirkt, wie und wann die Menschen vor potenziellen Gefahren gewarnt werden.
Jeroen
Zweitens haben wir erhebliche Unterschiede in den Kommunikationspraktiken festgestellt. In den Niederlanden verwenden wir drei Farbcodes für Niederschläge und vier für Wasserstände, während es in Deutschland sechs gibt, darunter einen neuen violetten Code für das Worst-Case-Szenario, der nach den Überschwemmungen von 2021 eingeführt wurde. Dies wirft die Frage auf: Wenn es zu einem weiteren Großereignis kommt, brauchen wir dann noch mehr Farbcodes? Wir sollten überlegen, ob das Hinzufügen weiterer Codes die Dringlichkeit effektiv vermittelt. Eine Alternative könnte darin bestehen, sie durch Informationen über die Auswirkungen zu ergänzen. Unsere Studie legt nahe, dass die detaillierte Darstellung potenzieller Auswirkungen für Einzelpersonen und politische Entscheidungsträger hilfreicher sein könnte, als sich ausschließlich auf Farbindikatoren zu verlassen.
Jeroen
Trotz dieser Unterschiede haben wir auch unerwartete Ähnlichkeiten festgestellt. Die Schwellenwerte für Warnungen variieren zwar, sind aber nicht so unterschiedlich, wie man meinen könnte. Darüber hinaus stehen alle Länder, wie Tim bereits erwähnte, vor der gemeinsamen Herausforderung der fragmentierten Kommunikation.
Tim
Eine weitere unerwartete Ähnlichkeit, die wir beobachtet haben, ist, dass der Datenaustausch überraschend effektiv ist. Bei unserem Besuch im niederländischen Wasserwirtschaftszentrum, das Vorhersagen für große Flüsse wie den Rhein und die Maas erstellt, erfuhren wir, dass es neben dem Europäischen Hochwasserwarnsystem (EFAS) für Sturzfluten auch Daten aus Deutschland, Österreich/Schweiz und anderen Orten im Rheineinzugsgebiet verwendet. Dies haben wir auch in anderen Regionen beobachtet. Die Menschen waren sehr offen für den Datenaustausch und die Zusammenarbeit mit ihren Nachbarn, sowohl bei der Vorhersage als auch beim Krisenmanagement. Wir hatten erwartet, dass dies eine große Herausforderung sein würde, aber stattdessen herrschte ein positiver Geist der Zusammenarbeit.

Die JCAR ATRACE-ForscherInnen Roy Pontman, Tim Busker und Rafaella Loureiro besuchten die Waterschap (Wasserbehörde) Limburg, um Entwicklungen im Bereich der Hochwassermodellierung und -vorhersage zu erörtern.

Die wirkungsbasierte Vorhersage (IBF) wird als vielversprechend, aber auch als Herausforderung bezeichnet. Könnten Sie kurz beschreiben, was IBF ist und wie sie sich aus der Sicht eines Warnungsempfängers von der regulären Vorhersage unterscheidet? Warum ist diese Technik vielversprechend und warum ist sie eine Herausforderung?

Jeroen
Die wirkungsbasierte Vorhersage unterscheidet sich von Standardvorhersagen, die sich hauptsächlich auf Niederschlagsmengen stützen. Wenn beispielsweise innerhalb von 24 Stunden mehr als 30 Millimeter Regen fallen, wird eine Vorhersage ausgegeben. Einige Länder und Regionen geben auch Warnungen auf der Grundlage der Wasserstände in Flüssen heraus. Der entscheidende Unterschied zur wirkungsbasierten Vorhersage besteht darin, dass sie auch Vorhersagen über die zu erwartenden Auswirkungen enthält. Das ist der Hauptunterschied. Um die Folgen vorhersagen zu können, benötigen wir jedoch detaillierte Informationen über das gefährdete Gebiet. So beziehen wir beispielsweise die Standorte von Krankenhäusern, Straßen, Infrastruktur und Wohngebieten in unsere prognostizierten Überschwemmungsgebiete ein. Dazu müssen wir Daten über hydrologische Bedingungen wie Wasserstände mit Informationen über die Folgen kombinieren. Diese Integration physikalischer Daten und sozioökonomischer Faktoren ist die größte Herausforderung von IBF.
Tim
Aus den von uns durchgeführten Interviews haben wir erfahren, dass Krisenmanager und Einsatzkräfte diese Informationen benötigen, um ihre Einsätze zu verbessern. Darüber hinaus hat IBF das Potenzial, die Beziehung zwischen Prognostikern und Stakeholdern in Krisenzeiten zu verbessern. Die IBF-Praktiken erfordern die Zusammenarbeit vieler Disziplinen, nicht nur der Prognostiker, sondern auch der Rettungsdienste, der lokalen Regierungen, kritischer Sektoren (z. B. Verkehr) und der BürgerInnen selbst. Dies verbessert nicht nur den Wert von Vorhersagen, sondern bietet auch eine einzigartige Gelegenheit, Vertrauen zwischen diesen verschiedenen Organisationen aufzubauen.
Tim
Was die Reaktion der Bürger betrifft, so gehen wir davon aus, dass die spezifischen Informationen zu den Auswirkungen, die IBF bietet, zu schnellerem Handeln führen. Für die Menschen werden Warnungen ernster, wenn sie Hochwasserkarten enthalten, anstatt nur eine Warnung wie „starker Regen erwartet; in Ihrer Region kann es zu Überschwemmungen kommen“.
Tim
Wenn Menschen eine Warnmeldung zusammen mit einer Karte mit vorhergesagten Überschwemmungen erhalten, auf der zu sehen ist, dass ihre Häuser gefährdet sind, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie die Gefahr ernst nehmen. Obwohl der Zusammenhang zwischen dieser Kommunikationsmethode und dem Handeln noch untersucht wird, deuten die Daten darauf hin, dass Menschen dringender reagieren, wenn die Auswirkungen klar kommuniziert werden. Dieses Verständnis ist für eine effektive Notfallvorbereitung von entscheidender Bedeutung.

Wir haben bereits die Kommunikation und die Warnstufen besprochen. Was sind einige der größten Herausforderungen bei der Kommunikation von Hochwasserwarnungen und wie unterscheiden sie sich zwischen den Ländern?

Jeroen
Die größte Herausforderung bei der Übermittlung von Hochwasserrisikowarnungen besteht darin, die Menschen zum Handeln zu bewegen. Warnungen müssen Einzelpersonen dazu motivieren, zu evakuieren oder Schutzmaßnahmen zu ergreifen, wie z. B. das Aufstellen von Sandsäcken. Dies kann jedoch je nach Bevölkerungsgruppe sehr unterschiedlich sein. Faktoren wie Alter und Einkommen spielen eine Rolle; so reagieren ältere Menschen möglicherweise anders als jüngere, und ärmere Gemeinden fühlen sich möglicherweise weniger gut gerüstet, um auf Warnungen zu reagieren.
Jeroen
Wir müssen uns überlegen, welche Arten von Warnungen am effektivsten sind und wie wir Informationen über die Auswirkungen vermitteln können, um zum Handeln zu bewegen. Umfragen können Aufschluss darüber geben, wie verschiedene Botschaften wirken. So haben wir beispielsweise nach einer schweren Überschwemmung im Jahr 2021 festgestellt, dass diejenigen, die Warnungen erhalten haben, eher zum Handeln bereit waren als diejenigen, die keine Warnungen erhalten haben. Dies deutet darauf hin, dass effektive Warnsysteme tatsächlich zu einer besseren Vorsorge und Reaktion führen können.
Tim
Es ist auch wichtig zu wissen, dass alle Länder in unserer Studie inzwischen über ein Mobilfunk-Warnsystem verfügen, das dabei hilft, Warnungen effektiv an die Bevölkerung zu kommunizieren. Im Gegensatz zu Sirenen können mobile Warnmeldungen spezifische Ratschläge zu den zu ergreifenden Maßnahmen enthalten, wie z. B. Evakuierung oder Verwendung von Sandsäcken. Dies macht sie zu einem entscheidenden Instrument für die öffentliche Sicherheit bei Überschwemmungen.

Die grenzüberschreitende Koordination und der Datenaustausch im Rahmen von FFEWS sind wichtig. Können Sie sich gute Beispiele und einige Regionen vorstellen, die dies als Herausforderung empfinden?

Jeroen
In größeren Flusseinzugsgebieten wie dem Rhein ist der Datenaustausch aufgrund der größeren beteiligten Institutionen etablierter. So gibt es beispielsweise die Internationale Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR), in der die Niederlande und die Rheinanliegerstaaten zusammenarbeiten. Bei kleineren grenzüberschreitenden Flusssystemen wie der Geul oder der Vecht ist dies nicht der Fall. In diesen kleineren Einzugsgebieten sind wir auf eine Ad-hoc-Zusammenarbeit zwischen den Grenzseiten angewiesen. Für die kleineren grenzüberschreitenden Flusssysteme gibt es oft keine formellen Kooperationen. Hier kommt JCAR ATRACE ins Spiel, das Netzwerke und Beziehungen in kleineren grenzüberschreitenden Einzugsgebieten aufbaut und gleichzeitig Verbindungen zu größeren Organisationen wie der IKSR herstellt. Solche Verbindungen sind von grundlegender Bedeutung, um den Datenaustausch zu erleichtern.
Sie haben diese Forschung im Rahmen des JCAR ATRACE-Programms durchgeführt. Wie passt diese Art von Forschung Ihrer Meinung nach in das Programm? Hatten Sie Vorteile dadurch, dass Sie Teil dieser Community waren?
Tim
Ich glaube, das JCAR-ATRACE-Programm zeichnet sich durch seinen einzigartigen grenzüberschreitenden Bottom-up-Ansatz aus, wodurch es sich von typischen EU-Projekten unterscheidet. Das Projekt wird von Stakeholdern in Ländern definiert, die Flusssysteme teilen: EntscheidungsträgerInnen und Forschende haben gemeinsam Forschungsfragen definiert, die der Politik dienen. Starke Bemühungen um Öffentlichkeitsarbeit haben mir sehr geholfen; JCAR ATRACE war den Leuten oft ein Begriff, was es einfacher machte, Interviews zu bekommen. Ich hatte keine Probleme, mit über zehn Organisationen in Kontakt zu treten, die bereit waren, über ihre Arbeit zu sprechen, was vor allem dem umfangreichen Netzwerk von JCAR in zahlreichen Ländern zu verdanken ist. Unsere Zusammenarbeit als große Gruppe von AutorInnen erleichterte auch die Unterstützung und Beiträge auf breiter Front.


Jeroen
Grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist von entscheidender Bedeutung, insbesondere für kleinere Flusssysteme, da der Informationsaustausch bei Krisen wie extremen Regenfällen von entscheidender Bedeutung ist. JCAR spielt eine Schlüsselrolle, indem es eine Plattform für den Aufbau langfristiger Beziehungen und Netzwerke bietet, die die Zusammenarbeit fördern. Diese Initiative ist einzigartig in ihrer Fähigkeit, die notwendigen Verbindungen zu fördern, und ich habe auf beiden Seiten der Grenze große Begeisterung gesehen, was die Bedeutung gemeinsamer Daten unterstreicht. Darüber hinaus hat sich die Kombination aus langfristiger, eingehender Forschung und kürzeren Studien als wirksam erwiesen, um schnelle Ergebnisse zu erzielen.
Zum Ende des Interviews zu Ihrem Artikel: Haben Sie abschließende Empfehlungen für die Leserschaft dieses Magazins, wie z. B. Fachleute, Forschende, politische EntscheidungsträgerInnen usw.?
Tim
Diese Studie hat bewiesen, dass die enge Zusammenarbeit zwischen Forschern, Praktikern und politischen Entscheidungsträgern unerlässlich ist und dass wir nur durch unsere Zusammenarbeit realistische und nützliche wissenschaftliche Ergebnisse erzielen können. Dafür möchten wir uns noch einmal bedanken.


Jeroen
Wenn Sie an einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit interessiert sind, teilen Sie uns bitte Ihre Gedanken zu institutionellen Hindernissen und möglichen Lösungen mit. Ihre Empfehlungen sind wertvoll, um diese Herausforderungen zu meistern.